Psalm 55

1Dem Sangmeister, mit Saitenspielbegleitung. Eine Betrachtung (?) Davids.[#Ist der Psalm von David, so scheint manches darin auf die Empörung Absaloms hinzuweisen. — Der Psalm will solche, die in Not und Bedrängnis sind, in ihrer Trübsal trösten und sie zu festem Vertrauen auf Gottes Hilfe ermuntern.]

2Vernimm, Elohim, mein Gebet, / Entzieh dich nicht meinem Flehn!

3Horch auf mich und erhöre mich, / Ich sinne ruhlos und seufze.

4Denn ich muß hören des Feindes Stimme und empfinde des Frevlers Druck. / Sie wälzen Unheil auf mich und stellen mir grimmig nach.

5Mein Herz bebt mir in der Brust, / Und Schrecken des Todes fallen auf mich.

6Furcht und Zittern dringt auf mich ein, / Entsetzen hat mich bedeckt.

7Drum sag ich: "O, hätt ich doch Schwingen wie Tauben! / Weg wollt ich fliegen, einen Ruhplatz suchen.[#Der Psalmist möchte fliehen wie eine Taube, die sich in schnellem Flug vor einem Unwetter oder den Krallen eines Raubvogels in eine Felsspalte flüchtet.]

8Ja, weithin möcht ich flüchten / Und in der Wüste rasten. Sela.

9Eine Freistatt würd ich mir suchen / Vor dem Toben des Sturms, vor dem Wetter.

10Verwirr ihre Zungen, Adonái, zerteile sie! / Denn ich schaue Gewalttat und Streit in der Stadt.[#Wie bei der babylonischen Sprachenverwirrung. 1Mo 11:1-9 "Mache sie uneins untereinander!" Hier könnte man an die Beratungen der Feinde Davids kurz vor dem Ausbruch der Empörung Absaloms denken.; #Auch diese Worte lassen sich auf das Treiben der Anhänger Absaloms in Jerusalem deuten.]

11Tag und Nacht gehn sie auf den Mauern umher, / Unheil und Elend ist drinnen.[#Dies bezieht Franz Delitzsch auf die Spione Absaloms.; #In Jerusalem.]

12Ja, Verderben ist drinnen; / Von ihrem Markte weicht nicht Bedrückung und Trug.[#Von dem Markt der Stadt.]

13Denn nicht ein Feind schmäht mich: / Das würd ich ertragen; / Auch nicht mein Hasser tut groß wider mich: / Dann würd ich mich vor ihm verbergen.

14Nein, du bist's, den ich mir gleichgeschätzt, / Mein Freund und mein Vertrauter.[#Diese Worte könnte man sehr gut von Ahitofel, dem verräterischen Freund Davids, verstehen. 2Sa 15:12, 16:23, Ps 41:10]

15Wie pflegten wir traute Gemeinschaft, / Gingen einträchtig ins Haus Elohims![#Nach LXX]

16Der Tod überrasche sie, / Mögen sie lebend zur Unterwelt fahren! / Denn in ihrer Wohnstatt, in ihrem Herzen ist Bosheit.[#Wie Korah und seine Rotte (4Mos. 31-35).]

17Ich aber rufe zu Elohim, / Und Jahwe wird mich erretten.

18Des Abends, Morgens und Mittags klag ich und seufze: / So hört er mein Flehn.

19Er wird mich erretten, in Frieden mich leiten, daß keiner mir beikommt; / Denn ihrer sind viele wider mich.[#Der Feinde.]

20Gott wird hören und Antwort geben — / Er, der da thronet seit Urbeginn. Sela. / Denn sie besinnen sich nicht eines Bessern, / Elohim fürchten sie nicht.[#Gott wird die Reden der Feinde Davids, die sich gegen den König verschwören, hören und ihnen als strafender Richter Antwort geben, indem er sie zuschanden macht.; #Die Feinde.]

21Er legt seine Hand an seine Freunde, / Entweiht seinen Bund.[#Der in V14f. genannte falsche Freund.; #Den Bund der Treue, den er mit dem Freund geschlossen hat.]

22Glatt wie Butter sind seine Worte, / Aber in seinem Herzen ist Krieg. / Seine Reden sind linder als Öl, / Und doch sind's gezückte Schwerter.

23Wirf deine Bürde auf Jahwe! / Er wird dich versorgen; / Nimmer läßt er den Gerechten wanken. Doch du, Elohim, wirst sie in die unterste Grube stürzen. / Die da mit Mord und Trug umgehn, / Sollen nicht ihres Lebens Hälfte erreichen. / Ich aber traue auf dich![#1Pe 5:7 nach LXX]